Einstand zum Dialog

Produkt und Design aus Berlin (West)
Wanderausstellung des lnternationalen Design Zentrums Berlin e. V., Berlin (West)
im Designzentrum des Amtes für industrielle Formgestaltung
vom 8. 6. 1989 bis zum 8. 7. 1989

Man kann beinahe schon von einem durchgängigen Charakteristikum der seit zwei Jahren im Designzentrum des AIF veranstalteten ausländischen Expositionen sprechen: solide Sach- und Fachinformation bestimmen das Bild; Spektakuläres ist ebenso wenig beabsichtigt wie Prozessionshaftes, stattdessen kann mit Einblicken in Prozesse des professionellen Suchens, Bewertens und Umsetzens von Produkt- und Umweltideen gerechnet werden. Seine jüngste Fortsetzung fand dies im Frühsommer mit der vier Wochen laufenden Ausstellung des Internationalen Design Zentrums Berlin (West) ,,Produkt und Design aus Berlin (West)“.
Sie hatte bereits einen ausgedehnten und erfolgreichen Weg hinter sich. Er begann im Februar 1987 in der Westberliner lndustrie- und Handelskammer (seinerzeit mit einem umfangreichen Vortrags- und Diskussions-Rahmenprogramm verbunden, das vor allem Kooperation vermitteln wollte zwischen mittelständischen Westberliner Unternehmen und den häufig um ihre Existenz hart kämpfenden Designern der Stadt) und setzte sich mit Wanderstationen in Zürich, Stockholm und Barcelona fort. Die Präsentation im Designzentrum des AIF war zugleich das erste öffentliche Projekt beider Designförderungseinrichtungen in Berlin (West) und Berlin, Hauptstadt der DDR, mithin auch ein Zeichen für mögliche gutnachbarliche, zweckmäßige Kooperation auf wissenschaftlich-technischem wie wirtschaftlich-kulturellem Gebiet. Durch eben diese komplexen Terrains der gesellschaftlichen Reproduktion führen ja alle ,,Wege zum Design“ (so der Ausstellungs-Untertitel) hier wie dort.[paycontent]
Wie das ,,dort“ geht, sollten 33 exemplarische Exponate, vom Arbeitsmittel über Haushaltsgeräte, Leuchten und Armaturen bis zu Produkten der Stadtumweltgestaltung und des Dienstleistungssektors, belegen, ,,Produkte, deren bewußte Gestaltung in der alltäglichen Nutzung verschwindet, deren Material und Formen nicht sensationell, schrill oder avantgardistisch sind. Dafür entsprechen sie in hohem Maße technologischen, ergonomischen, ökonomischen und ästhetischen Anforderungen, die ein massenhafter Gebrauch und die industrielle Produktion an sie stellen“, so die Aussteller selbst. Obwohl ,,Wege zum Design“ nach seiner Premiere in Berlin (West) als Wanderausstellung von fast 70 Produkten auf deren Hälfte reduziert wurde, büßte sie dabei kaum etwas von ihrer Qualität ein. Sowohl das Ausstellungskonzept und -system (von Egon Chemaitis, Designer, Professor und Dekan der Fakultät Fachbereich Design an der Hochschule der Künste Berlin (West) in Zusammenarbeit mit Gernot Nalbach, Architekt, Designer und Universitätsprofessor in Dortmund entworfen) als auch die vorgestellten Produkte und deren zumeist skizzierte Geschichte fanden ungeteiltes lnteresse beim Publikum – bei annähernd 8.000 Besuchern. Unter ihnen erwartungsgemäß zahlreiche Fachleute aus lndustriekombinaten, Designeinrichtungen, Hoch- und Fachschulen, auch gesellschaftliche Auftraggeber. Sie hätten sich allerdings tiefere, auch mehr problemorientierte Einsichten in Designprozesse gewünscht. Die bekamen etwa 200 geladene Gäste, leitende Kader der Wirtschaft und Forschung, Designer und Vertreter der Hoch-und Fachschulen beim im Rahmen der Ausstellung veranstalteten Fachsymposium vermittelt. Da sprachen Egon Chemaitis über Designerausbildung, Florian Fischer, lnnenarchitekt und Grafikdesigner, über corporate identity, Gernot Nalbach über Stadtumweltgestaltung und Stadtdesign sowie Herbert H. Schultes, Chefdesigner der Siemens AG, zum Designmanagement in industriellen Großunternehmen.
Alles in allem, so wurde von den Beteiligten übereinstimmend festgestellt, der Beginn eines Dialoges, eines ,,friedlichen und sachbezogenen Dialoges, der beiden Seiten nützt“, wie ihn der Leiter des Amtes für industrielle Formgestaltung Staatssekretär Prof. Dr. Martin Kelm bei der Ausstellungseröffnung in Anwesenheit des Vorstandsvorsitzenden des IDZ Rudof Stilcken charakterisierte. Das IDZ lud nun das AIF ein, zu gegebener Zeit DDR-Design in Berlin (West) vorzustellen.

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Günter Höhne
(Kurzrezension von 1989 zur ersten Westberliner Designausstellung in der DDR überhaupt, die im neu eröffneten Ostberliner Designzentrum gezeigt und von einem Fachsymposium begleitet wurde – veröffentlicht in form+zweck 5/1989; in alter Rechtschreibung belassen)

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